Annapurna Circuit
Es ist Freitag Morgen, sieben Uhr, am 08.10.2010. Wir sitzen in einem bis zum letzten Platz gef�llten klapprigen Bus auf dem quirligen Busbahnhof von Kathmandu und k�nnen es kaum erwarten hier weg zu kommen. Unser Ziel ist das St�dtchen Besi Sahar, der Ausgangspunkt unserer Annapurnawanderung.
Die drei vergangenen Tage in Kathmandu waren zu viel f�r unsere Singapur-verw�hnten Gem�ter und wir wollen dem lauten Wett-Hupen, dem Staub und den Massen schleunigst entkommen.
Ger�stet mit zwei erjagten Nationalpark- und Wandergenehmigungen, einem neuen Markenschlafsack �nachgemacht in Nepal�, einer �bergro�en S��igkeitenration und dem einzig auffindbaren K�se von Woehrle (Salzburgerland) kriechen wir langsam unserem Ziel entgegen. Sehr, sehr langsam. Denn aus der angek�ndigten sechsst�ndigen Busfahrt werden zw�lf. Am Ende steigen sogar noch zwei Ziegen samt stolzer Besitzer zu. Nach Mitleid suchend erz�hlen wir anderen Wanderern von der Tortur und erfahren, dass sie sogar 18 Stunden Anreisezeit hatten. So gesehen hatten wir den Expressbus erwischt.
Unsere bevorstehendes Wandererlebnis wird uns mit einer L�nge von ca. 240km bis auf 5400hm �ber den Himalaya f�hren, entlang der Annapurna Gebirkskette, die wir umrunden werden.
Der erste Wandertag begr��t uns mit Regen, der Gott sei dank bald nachl�sst und einer unbekannten Schw�le weicht. Die Wasserflaschen bis zum Rand gef�llt, satteln wir unsere schweren Rucks�cke und beginnen schwitzend einen der beliebtesten Treks in Nepal auf 820m H�he. Am Ortsende von Besi Sahar m�ssen wir das erste Mal unsere Wandererlaubnis vorzeigen und sind somit offiziell auf dem Annapurna Circuit registriert. Bei der Frage nach unserem Guide oder Porter zeige ich auf Martin, mit seinem GPS-Ger�t. Wir haben uns gegen den Trend entschieden und wollen unabh�ngig sein.
Bereits nach wenigen Minuten passieren wir die Stadtgrenze und tauchen ein in die satte gr�ne Natur. Wir passieren urspr�ngliche Bauernd�rfer und f�hlen uns ins Mittelalter zur�ckversetzt. Die Menschen leben in einfachsten Lehmh�tten. Es gibt einen einzigen Raum in dem gekocht, geschlafen und gelebt wird. Gewaschen und �geduscht� wird in einem der Wasserl�ufe entlang der D�rfer. �berall erhaschen wir ein freundliches Namaste (Guten Tag), mit dem den ganzen Tag �ber gegr��t wird.
Am sp�ten Nachmittag erreichen wir den Ort Bahundanda, der sich auf einer Anh�he mit grandiosem Ausblick befindet und beziehen ein schlichtes Zweibettzimmer mit gem�tlichen Holzpritschen. Der Zimmerpreis daf�r betr�gt einen Euro, mit der Bedingung, dass wir in der Herberge essen. Ha! Erstens sind wir viel zu m�de um uns auch nur einen Meter weiterzubewegen und zweitens ist die �Restaurant-Auswahl� in der Nachbarschaft beschr�nkt.
Um 18Uhr ist es stock-dunkel und zapfig kalt. Um 19Uhr sind die Meisten im Bett. Wir bestellen wie befohlen unser Fr�hst�ck f�r den kommenden Morgen und verschwinden zufrieden kn�lle in unseren Schlafs�cken.
In diesem Rhythmus verlaufen auch unsere folgenden Etappen. Bereits zwischen sechs und sieben Uhr stecken wir morgens in unseren Wanderschuhen und erklimmen weitere H�henmeter. Obwohl wir uns in der Hochsaison befinden, treffen wir nur ab und zu auf andere Wanderer, mit und ohne Guides und tauschen fl�chtige H�flichkeiten aus. Gelegentlich �berholen uns voll bepackte Sherpa�s (Tr�ger), die ihre enorme Last an einer Schlinge befestigt am Kopf tragen. Der Job der Sherpa�s ist einer der h�rtesten und der wichtigsten. Egal ob Touristengep�ck, Lebensmittel oder Ausstattung, alles muss zu Fu� auf den R�cken der kleinen Nepalesen transportiert werden. Eine Stra�e gibt es n�mlich nicht. Esel k�nnen aus uns unbekannten Gr�nden nicht alles transportieren.
Mit zunehmenden H�henmetern, fallen die Temperaturen und steigen die Preise. Wir wandern mittlerweile zu f�nft und sind eine dynamische, bunt gemischte Truppe von Deutschen. Wir haben uns mit dem P�rchen aus Heilbronn, Manuel und Jessica und deren Mitreisenden Sarah aus W�rzburg zusammengeschlossen. Der Trek ist somit noch abwechslungsreicher und wir haben viel zu lachen.
Die Umgebung �ndert sich z�gig. Mal f�hlt man sich im Hochsommer, mal im Fr�hling und dann im Winter mit Schnee. Die Landschaft �ndert sich ebenfalls. Unten ist es noch sch�n gr�n, dann kommt man durch bunte W�lder �ber Strauchebenen in die karge, felsige Hochlandschaft.
Im 3800m hoch gelegenen Manang ballen sich die Akklimatisierenden, genauso wie diejenigen, die sich f�r Zusatzwanderungen motivieren oder einfach nur ausruhen m�ssen. Die G�steh�user d�rfen die Schlafsuchenden nicht wegschicken und so kommt es vor, dass bei Zimmermangel im Aufenthaltsraum auf dem Boden �bernachtet werden muss. Wir bleiben durch Gl�ck davon verschont und schaffen es zwischen den gro�en Wellen zu wandern.
Manang bietet eine gute Gelegenheit, fachkundige �rzte (sogar europ�ische) zu konsultieren. Patienten gibt es aufrund der H�he und dem �bactierial Interchange� gen�gend. In den G�steh�usern wird benutztes Geschirr auf einen Haufen zusammen geschmissen, mit kaltem Wasser �bergossen und am Morgen bekommt man mit seinem Fr�hst�ck ein Best of aller gesammelten Keime.
Wir entscheiden uns f�r einen zweit�gigen Akklimatisationsabstecher zum Tilichio See auf 4990 hm und trennen uns von unseren drei Mitwanderern. Der Pfad dorthin hat es in sich. Uns schl�gt das Herz bis zum Hals auf den schmalen unbefestigten Wegen �ber absch�ssige Ger�llfelder. Einheimische �berholen uns lachend mit ihren Pferden oder sind schwer bepackt mit allen M�glichen (Tischen, Holzbalken, Essen, usw). Einer joggt an uns vorbei w�hrend wir �ngstlich einen Schritt vor den anderen setzen. Weder der Reisef�hrer, noch die Alpen haben uns auf solche waghalsigen Wege vorbereiten k�nnen.
Nach einem straffen Marsch erreichen wir das simple Tilicho Lake Basecamp. Bei der Frage nach der Toilette werden wir bel�chelt und der Chef deutet 360Grad um sich. Alles w�re hier Toilette.
Nach dieser zweit�gigen Flei�aufgabe schwenken wir wieder auf den Annapurna Circuit Weg und treffen durch Zufall Sarah wieder. Zu dritt erst�rmen wir den Thorung Pass. Wir genie�en den ruhigen Aufstieg und den Pass f�r uns. Bald setzen Kopfschmerzen ein und dr�ngen uns die 5400 H�henmeter schnell wieder zu verlassen.
Mit dem �berwundenen Pass f�llt auch der Druck. Wir sind froh, die H�rde, die alle Wanderer vor sich her geschoben haben relativ leicht bew�ltigt zu haben. Der Abstieg in das um 1800 hm tiefer gelegene Muktinath hinterl�sst in den darauffolgenden Tagen intensive Spuren, vor allem in unseren Waden.
Von Muktinath aus finden wir in Martin�s GPS, dass uns bereits wertvolle Dienste geleistet hat, eine Route abseits der vielbefahrenen, sehr staubigen, neu errichteten Jeepstrecke, wegen der bereits viele Wanderer die Freunde verloren und den Circuit fr�hzeitig beendet haben.
An unserem n�chsten Ziel, dem mittelalterlichen Kagbeni angekommen, erfahren wir durch ein Warnschild und einen b�se schauenden Polizisten, weshalb wir die einzigen auf dem Weg waren. Das Schild weist darauf hin, dass wir uns unberechtigt im Gebiet �Mustang� aufgehalten haben, wof�r man eine kostenintensive Extragenehmigung ben�tigt. Den b�sen Blick des Polizisten erwidern wir mit einem verlegenen Grinsen und machen uns schnell aus dem Staub.
In Kagbeni dreht sich viel ums Yak. Es gibt einen Yak Donalds und sie h�ngen das Yakfleisch nicht wie bisher nur in Streifen an W�scheleinen, neben unseren Socken zum Trocknen auf, sondern verkaufen auch leckeren K�se der weiblichen Tiere (Nak). Wir lassen uns eine K�sejause in einer der vielen �German Bakeries� schmecken.
Wir erreichen am n�chsten Tag Jomson durch ein windiges, Jeep befahrenes Tal. Es ist der erste Ort mit Anbindung an die Zivilisation. Es starten Propellermaschinen zur�ck nach Kathmandu, es fahren Busse und es gibt Low-Speed Internet und die erste Bank mit Geldautomaten. Hier endet f�r viele der erste Teil des Annapurna Circuits mit der Begr�ndung, dass die neu erbaute Stra�e jeden Reiz des Weiterwanderns genommen hat.
Wir hoffen,dass der Touristrom abnimmt und wandern stolz weiter. Auf den folgenden Kilometern nach Marpha verstehen wir, weshalb man diese Etappe am Besten vor 12Uhr laufen sollte. Ab Mittag gibt es f�r uns ein unfreiwilliges Peeling aus Sand und der Wind bl�st uns mit hoher Geschwindigkeit entgegen. Wir gewinnen das Rennen sowohl gegen den Wind, als auch gegen die herannahenden schwarzen Wolken.
Die letzte Etappe hat uns nicht so gut gefallen, daher entscheiden wir uns f�r eine Busstrecke bis Tatopani. Da dieser Ort in einem anderen Verwaltungsbezirk liegt, kommen wir nur bis Ghasa. Dort schmei�en sie uns und weitere Touristen aus 8 Bussen heraus und es kommt nur einer zur Weiterfahrt. Wir nehmen nicht an dem Spiel �Reise nach Jerusalem� um Sitzpl�tze teil und laufen zu Fu� weiter. Das ist nicht nur ein sehr viel sch�nerer Weg abseits der Busstrecke, sondern auch viel sicherer. In der Schlucht liegt ein k�rzlich abgest�rzter Jeep. Kein Wunder bei den engen Stra�en. Wir kommen an sch�nen, kleinen D�rfern vorbei, in denen es, seit die Meisten Bus fahren einsamer zugeht. Es gibt ein einfaches Mittagessen auf einer sch�nen Wiese mit einem Wasserb�ffelstierkampf direkt neben unserem Tisch, zur Unterhaltung.
Tatopani ist ein Ort zum Relaxen. �bersetzt heisst der Ort hei�e Quellen und die nutzen wir aus, um den eingebrannten Dreck von �ber zwei Wochen aufzuweichen und loszuwerden. Im 50 Grad hei�en Wasser lassen wir es uns gut gehen.
Wir entscheiden uns f�r den ersten Ruhetag. Es gibt guten Kaffee mit leckeren Apfelkuchen und frischem Orangensaft direkt vom Baum unter dem man ihn genie�en kann. Ein kleiner d�nner Nepalese balanciert auf den sehr d�nnen �sten und wir wetten was zuerst f�llt. Der Nepalese oder die Orangen.
Steil �ber unz�hlige Stufen geht es am folgenden Tag wieder 1750 m bergauf nach Ghorepani. Diesen Endspurt finden wir am vorletzten Tag mehr als gemein. Auf dem Aussichtsberg Ponhill, weitere 400hm oben sehen wir zum ersten Mal zusammenh�ngend das Bergpanorama der schneebedeckten hohen Gipfel.
Unser Abstieg ins Tal gleicht einer Pilgerwanderung gegen den Strom. Schnaufend, mit hoch roten K�pfen, wei�en Handschuhen und dazu passenden Sonnenschirmen passieren uns Massen von Japanern.
In Pokhara, der dritt gr��ten Stadt Nepals re-zivilisieren wir uns und lassen uns zur Belohnung von blinden Masseuren die Muskeln lockern.
Nach 21 Tagen erreichen wir wieder Kathmandu. Das Hupen, der Staub und die R�cksichtslosigkeit der Motorisierten nehmen wir gelassener hin. F�r die R�ckfahrt in die Hauptstadt ben�tigen wir diesmal nur 9 Stunden. Aber nur, weil wir 10km vor dem Ziel aus dem im Dauerstau feststeckendem Bus zu Fu� geflohen sind.
Anzahl der Besucher: